Samstag, 3. März 2012

The fear is gone

Die wesentlichste Veränderung im Land: die Burmesen haben keine Angst mehr.
So viele Jahre lang haben sie unter dem brutalen Militärregime gelitten. Aufstände wurden blutig niedergeschlagen, die Menschen wurden von konstant von ihrer eigenen Regierung bespitzelt und über Politik konnte man nicht offen reden. Es ist unklar, was sich verändern wird, aber heute wird vollkommen klar, dass sich bereits einiges verändert hat.
Das die Zeit der Angst nun vorbei sein soll, scheint wie ein Wunder. Die Regierung hat Reformen eingeleitet und politische Gefangene freigelassen. Und unglaublicherweise Aung San Suu Kyi aus ihrem Hausarrest entlassen und ihr erlaubt, für die Anfang April stattfindenden Nachwahlen zu kandidieren. Was diese Frau durchlebt hat und wie sie praktisch ihr ganzes Leben aufgegeben hat, um für Demokratie zu kämpfen, ist schier unfassbar.
Ihr an Krebs erkrankter Mann starb in England, während sie in Burma ausharrte (die Regierung hätte ihr nicht erlaubt, wieder einzureisen). Etwa 15 Jahre ihres Lebens verbrachte sie im Hausarrest. Ihre Geschichte scheint fast übermenschlich, und die Menschen hier verehren sie wie eine Heilige.
Wir fahren zu ihrem Wahlkampfauftritt. Die Motorradtaxi-Fahrer geben uns einen Sonderpreis und schenken uns kleine Fahnen mit dem Logo der NLD (National League for Democracy).
Überall hupen die Menschen und winken uns und lächeln uns voller Begeisterung an. Die Fahrt zu dem Platz gleicht einer kleinen Völkerwanderung. Autos, Motorräder, Fahrräder und wer nichts davon hat, läuft eben zu Fuß.
Dort angekommen heißt es Warten. Eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden. Die Menschen verstopfen die Straßen vom Flughafen zum Auftrittsort und alle die nicht dabei sein können, stehen vor ihren Häusern, um wenigstens einen kurzen Blick auf sie werfen zu können. Gegen Mittag heißt es, jetzt sei sie in der Nähe angelangt. Trotzdem braucht der Tross noch weitere zwei Stunden, um endlich anzukommen. In der Zwischenzeit hat es zu regnen angefangen – ein absolutes Kuriosum, denn eigentlich beginnt im März die heißeste Zeit des Jahres mit Temperaturen um 40 Grad und höher. Niemand weicht von der Stelle. Am besten dran sind die Mönche, da sie sich einfach die Enden ihrer Roben um den Kopf schlingen können. Das Feld füllt sich und füllt sich und die Menschenmassen sind vollkommen unübersichtlich geworden.
Und schließlich ist sie da. Was für eine Frau! Wunderschön und so viel jünger sieht sie aus, als sie in Wirklichkeit ist. Eine wahnsinnig starke Ausstrahlung. Und gleichzeitig so klein und zart und zerbrechlich, dass man sich Sorgen macht. Der Wahlkampf hat bereits Spuren hinterlassen, sie fühlt sich nicht wohl und muss vor Schwäche ihre Rede unterbrechen, bevor sie fertig sprechen kann. Hoffentlich ist es nichts Ernsteres. Ein wahnsinnig netter und hilfreicher burmesischer nglischlehrer übersetzt Teile ihrer Rede für uns.
Was für ein Erlebnis.Wir lassen uns mitreissen von der Freude der Menschen, die singen und tanzen und Fahnen schwenken. Strahlende Gesichter, wohin man schaut.
Niemand hier sieht so aus, als ob er noch Angst hätte vor dem brutalen Regime.
Die Mönche, die noch vor wenigen Jahren bei den Protesten ihr Leben riskiert haben, sind alle dort und strahlen so überglücklich, dass ich mich frage, ob ich jemals so glückliche Menschen gesehen habe. Ein Tag, den ich niemals vergessen werde.


1 Kommentare:

Jan hat gesagt…

Oh man wie cool. Richtig richtig tolle Bilder!

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